Können Wände dann noch atmen?
Diese Kundenfrage taucht bei anstehenden Renovierungsarbeiten durch den Maler immer wieder auf - und die Antwort ist ganz einfach: Nein! Denn gemeint ist damit eigentlich die Dampfdiffusionsfähigkeit eines Bauteils bzw. einer Bauteilschicht.
Das Thema ist sehr komplex; Gründe für die Frage sind durchgehend die Forderung nach einem guten, gesunden Raumklima und die Angst vor Schimmelbildung. Letztere hat verschiedene Ursachen, zur umfassenden Information empfiehlt sich die Broschüre „Schimmel im Haus“ aus dem Umweltbundesamt.
Zurück zum „prima“ Raumklima. Bei optimalen Bedingungen findet maximal 3 % des Luftwechsels durch den Wandbildner statt, das ist also eher unbedeutend. In diesen Zusammenhang fällt oft auch der Begriff „sd-Wert“. Der ist ein bauphysikalisches Maß für den Wasserdampfdiffusionswiderstand eines Bauteils. Er sagt also etwas aus über die Dampfdurchlässigkeit. Je höher der Wert, desto größer der Widerstand und desto weniger Feuchtigkeit diffundiert (kriecht) durch das Material. Seine Maßeinheit ist Meter (m). Oft wird der sd-Wert in technischen Unterlagen von Baumaterialien angegeben. Zur Berechnung einer realen Situation sind aber neben der Diffusionswiderstandszahl µ (Materialkennwert; er beschreibt die Fähigkeit, eine Diffusion zu bremsen) auch die Schichtstärke des Materials ausschlaggebend. Ein Beispiel: Bei einem einmaligen Anstrich mit einer Fassadenfarbe in der Schichtstärke von 80 µ hat diese einen sd-Wert von 0,1 m, bei einem zweimaligen Anstrich und der Schichtstärke von 190 µ ist der sd-Wert 0,3 m. Allgemein sollten die in einer Außenwand verwendeten Materialien von innen nach außen diffusionsoffener werden. Erst ab einem sd-Wert größer 1.500 m spricht man von dampfdicht (DIN 4108-3).
Schlussendlich kann gesagt werden, bei Anstrichen im Innen- und Außenbereich macht man mit guten und hochwertigen Produkten nichts falsch und die Dampfdiffusionsfähigkeit des Bauteils bleibt erhalten. Bei umfangreichen Renovierungen, wie der energetischen Sanierung mit einer Innendämmung oder einem WDVS, ist auf jeden Fall die Berechnung eines Experten (Energieberater, Bauingenieur etc.) zum veränderten Diffusionsverhalten und einem möglichen Tauwasseranfall im Bauteil anzufordern.